Du bist ein Gott, der mich sieht.
Genesis 16,13
Die Anfänge kirchlicher Aktivitäten in der kleinen Ansiedlung Berchum aus frühester Zeit sind nicht mehr zu belegen. Auch fehlen uns konkrete Hinweise zur Besiedelung unseres Raumes. Begonnen hatte es mit zahlreichen Kämpfen Kaisers Karl der Große gegen die Sachsen. Er war es auch, der erste Kirchengesetze erließ und Mindestgrößen der einzelnen Gemeinden festlegte. Kaiser Karl der Große starb am 28. Januar 814 in Aachen. Auf Veranlassung Karls des Kahlen begann am Ende des 9. Jhd. die Teilung der Kölner Diözese in acht verschiedene Dekane. Das Gebiet um (Hohen)Syburg mit dem Berchumer Gebiet wurde dem Wattenscheider Dekanat zugeschlagen. Erst später, als Berchum seine Selbstständigkeit erlangt hatte, rechnet man es zur Dekane Lüdenscheid, bei der es bis zur Reformation verblieb. Zur Dekane Lüdenscheid gehörten auch die Orte Boele, Ergste, Hagen, Elsey, Wiblingwerde und Dahl.
Eine erste urkundliche Nachricht aus Berchum (1) stammt aus dem Jahre 1169, somit aus der ersten Urkunde unseres Dorfes überhaupt. Aus dieser geht hervor, dass Berchum eine Vikarie der Pfarrkirche von (Hohen)Syburg war. Der Geistliche von Berchum mit seinen Leuten hatte dem Pfarrer von Syburg den gebührenden Gehorsam zu leisten, es war von einer eigenen Kirche oder Pfarrei in Berchum keine Rede. Im "Liber valoris", um 1310 herausgegeben von der Kölner Erzdiözese, sind alle Kirchengemeinden namentlich aufgeführt, Berchum fehlt hier, ist also um diese Zeit noch keine selbstständige Gemeinde. Das ändert sich jedoch acht Jahre später im Jahre 1318, als der Erzbischof einen Brief an die Pfarreien unseres Raumes schickt, hierbei ist erstmals die Bergheimer (Berchumer) Gemeinde angesprochen. Wir können also davon ausgehen, dass dies der Zeitraum ist, in der die Gemeinde selbstständig wurde.
Über 130 Jahre vergehen, bis wir den ersten namentlich genannten Pfarrer von Berchum kennen lernen. Es ist Diederich Kage, von ihm sind von 1452 bis 1475 mehrere Urkunden erhalten geblieben. (Kirchenarchiv Berchum) (2). Er ist es auch, der etwa 1495 selbst eine Kapelle auf dem Kirchhofe in Berchum hat bauen lassen, wahrscheinlich ein Vorgängerbau, am selben Platz unserer heutigen Kirche. Sie wird dem heiligen Nicolaus geweiht. In den Jahren 1557 bis 1581 wird in unserem Raum die Reformation eingeführt. Ein genaues Datum ist nicht bekannt. Wahrscheinlich 1557 von Humpert Velthaus (Pastor in Berchum) begonnen, wurde sein Nachfolger Johannes Fischer von dem bereits reformierten Grafen Adolf von Neuenahr (regierender Graf in Limburg und selbst bereits reformationsgeschichtlich erzogen) nach Berchum berufen. Wenn man das Datum seines Amtsantrittes annimmt, so ist der 17. September 1581 der Reformationstag der evangelischen Kirchengemeinde Berchum. In die Amtszeit des Eberhard Westhoff (1617-1660) fällt die Aufgabe zur Führung eines Tauf-, Trau- und Bestattungsbuches (Kirchenbuch), in dem alle diese Amtshandlungen der Kirchengemeinde fortan aufgeschrieben werden. (3) Diese Aufzeichnungen sind fast lückenlos bis zum heutigen Tag weitergeführt worden und noch komplett vorhanden. Im Jahre 1672 wird Engelbert Grüter, Sohn des Predigers Joh. Gottfr. Grüter aus Schwerte, Prediger in der kleinen Gemeinde Berchum. Es ist bemerkenswert, dass er fast 53 Jahre in Berchum seinen Dienst bis zu seinem Tode versah. Er starb 1725, ledig und 83 Jahre alt. Im Kirchenbuch ist vermerkt: Über 50 Jahre war er seiner kleinen Gemeinde "ein treuer Hirte und Lehrer".
Ein weiteres wichtiges Ereignis für die Berchumer Gemeinde war die Planung und der Bau eines neuen Kirchengebäudes mit Turm. Die Chronisten berichteten schon lange über den desolaten Zustand des Kirchengebäudes, ja, sie nannten den Besuch des Gottesdienstes als lebensgefährlich. Das ganze Gebäude war mehr als baufällig und nicht mehr zu reparieren. Da die Gemeinde bettelarm war, wurde der Neubau immer wieder verschoben. Erst als Peter op den Winkel, er war Berchumer Pfarrer von 1728 - 1734, eine Kollektenreise bis ins ferne Holland antrat, kamen stolze 2000 Taler für den Kirchneubau zusammen. (4) Am 24.07.1731 schließlich konnte die neue Kirche durch Pastor op den Winkel ihrer Bestimmung übergeben werden. Das Innere der Kirche wurde 1828 nochmals verändert. Zur Turmseite hin wurde eine Empore durch den Zimmermann Dieckmann aus Berchum eingezogen. Man hatte Geld für eine Orgel gespart, dieses reichte aber bei Weitem nicht für die Anschaffung einer neuen Orgel. Durch einen glücklichen Umstand wurde aber gerade eine gebrauchte Orgel der Dortmunder St. Petri Gemeinde zum Kauf angeboten. (5) Da das Angebot auch noch genau den Vorstellungen des Berchumer Kirchenvorstandes entsprach, wurde man sich schnell handelseinig. Die "neue" Orgel, 1732 gebaut, wurde auf der fertiggestellten Empore aufgebaut. Viele Jahre wurde sie bespielt, doch im Jahre 1976 musste sie auf Grund häufiger Reparatur-, An- und Umbauarbeiten von Grund auf zerlegt und überholt werden. Heute steht sie wieder in ihrer ursprünglichen alten Form, aber mit einem überwiegend neuen Innenleben erklingt sie wieder wunderschön.
Lang ist die Liste der Pfarrer, die ihre Dienstzeit in Berchum verbrachten. Manche nur für kurze Zeit, manche fast ihr ganzes Leben lang. Wieder andere waren in Kriegs- oder Nachkriegszeiten nur vorübergehend zur Aushilfe tätig. Seit 2005 haben wir die erste Pfarrerin in der Berchumer Kirchengeschichte. Nicht verändert seit 1731 schaut immer noch der Kirchturm auf das Berchumer Dorfleben herab. (Siehe auch: Aufstellung aller Pfarrer der Berchumer Gemeinde.)
Der 2. Weltkrieg richtete große Schäden auch am Kirchengebäude an. Schon während der Kriegszeit hatte man eine der beiden Glocken im Kirchturm beschlagnahmt, zerstört und eingezogen. Trotz erheblicher Proteste des Kirchenvorstandes wurde so die historische alte Glocke aus dem 16. Jh. für immer zerstört. 1951 wurden umfangreiche Renovierungsmaßnahmen durchgeführt, bei denen die Gemeinde tatkräftig vom Kirchenkreis unterstützt wurde. Neben Fußboden und komplett neuen Fenstern gab es eine neue Heizung. Nachdem die Kanzel auch noch neu befestigt wurde, war die Kirche wieder "gebrauchsfertig". (6)
Eine der letzten großen Baumaßnahmen waren die Erneuerung von Pfarrhaus und Gemeindehaus "Auf dem Blumenkampe". Das alte Pfarrhaus, (7) man blickt noch heute vom Gemeindehaus darauf, wurde verkauft. Der alte Gemeindesaal entsprach schon lange nicht mehr den Bedürfnissen der Besucher. Zudem war das Gebäude durch mehrmalige Um- und Anbauten nicht mehr bewohnbar und wurde abgerissen. Die Grundstücksfläche wurde mit Wohnhäusern neu bebaut und ist an die Straße "Lürwald" angeschlossen. 1967/1968 wurden Pfarrhaus und Gemeindehaus neu erbaut und an die Gemeinde übergeben. (8)
Heute ist die denkmalgeschützte Kirche immer noch Mittelpunkt des Dorfes Berchum und so soll es auch weiterhin bleiben. (9)
Wilfried Mann